Mai7
Als mir die gedruckte Leseprobe eine Bahnfahrt spannungsreich verkürzte, wollte ich den futuristischen Thriller zuende lesen (erfolgreiches Marketing!). In der Buchhandlung schickte man mich zu meiner Überraschung in die Jugendabteilung – daher also die etwas einfache Sprache. Mich hats trotzdem gut unterhalten.
Die Story: In Nordamerika haben nach einer Katastrophe nur die früh geimpften Jungen (“Starters“) und die Alten (“Elders“) überlebt. Kinder, um die sich keine Großeltern kümmern können, schlagen sich auf der Straße durch. So auch die sechzehnjährige Callie und ihr kleiner, kranker Bruder Tyler. Um Geld für seine Medizin zu verdienen, unterschreibt Callie einen Vertrag bei der illegalen Body Bank namens Prime Destinations, um ihren Körper zu vermieten. Per Mikrochip im Hirn laden die Elders dort ihren Geist in junge Körper, um mal wieder richtig Spaß zu haben. Natürlich geht dabei etwas schief …
Trotz der weiblichen Hauptfigur ist der Sci-Fi-Thriller für Jugendliche durch die spannende Handlung und das aktionsreiche Tempo sicher auch für Jungs geeignet.
“Du bist zum ersten Mal hier, nicht wahr?”
Ich nickte.
Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war die Narkosemaske. Ich hätte im Ruheraum der Body Bank aufwachen müssen, nicht hier. Was mochte geschehen sein? Ich war einer Panik nahe, aber der letzte Rest Vernunft hielt mich davon ab, Prime Destinations zu erwähnen. Ich musste so tun, als gehörte ich hierher.
“Schicker Fummel”, sagte Madison und strich über das Material meines Minikleis. “Es macht solchen Spaß, sich endlich mal wieder aufzustylen, stimmt’s? Und sich in einem Laden wie dem Rune Club zu vergnügen. Jedenfalls weit besser, als jeden Samstagabend mit dem Häkelzeug im Schaukestuhl zu sitzen und sich die x-te Wiederholung eines alten Films anzugucken.” Sie blinzelte und stieß mich mit em Ellenbogen an. “Bei dir ist es vielleicht Mahjong. Oder Bridge.”
“Tja.” Ich ließ meinen Blick lächelnd umherwandern. Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach.
“Callie, Liebes, bei mir musst du dich nicht verstellen.”
Ich blinzelte.
“Man krieg einen Blick für seinesgleichen. Und du hast sämtliche Tests bestanden.” Madison zählte an den Fingern ab: “Keine Tattoos, keine Piercings, keine Neon-Haarfarbe.” Dann deutete sie auf mich, um den Rest ihrer Argumente abzuarbeiten. “Teure Klamotten, edler Schmuck, gute Manieren und makellose Schönheit.”
An den letzten Punkt musste ich mich erst gewöhnen. Es dauerte vermutlich noch einen Weile, bis ich begriffen hatte, dass die Person, die ich im Spiegel sah, wirklich ich sein sollte.” (S. 84)